BEER: Polen darf Tür der Rechtsstaatlichkeit nicht schließen
„Polens Premier Morawiecki will das eine, ohne das andere zu lassen. Mit seiner jüngsten Bekräftigung, Polens Platz sei auch weiterhin in der Europäischen Union, schafft Morawiecki zwar Klarheit über die Absicht seines Landes, bleibt der EU aber weiterhin schuldig, ihre berechtigten Sorgen zu entkräften:
Ministerpräsident Mateusz Morawiecki muss sich morgen im EU-Parlament klar und ohne Zwischentöne zum Primat des europäischen Rechts über nationales überall dort bekennen, wo dieses mit Zustimmung der jeweiligen Mitgliedstaaten auf die EU übertragen wurde. Auch Polen hat dies mit seinem Beitritt 2004 mit der damit einhergehenden Akzeptanz der Europäischen Verträge inklusive der Regelungen zum EuGH und der Unabhängigkeit der Justiz getan.
Die EU-Mitgliedschaft ist kein Club à la carte in Sachen Rechtsstaatlichkeit und bindendem EU-Recht.
Dass Polen sich weiterhin als Teil der Europäischen Union sieht, lässt zumindest hoffen, dass Warschau nicht den ultimativen Konflikt mit der EU sucht. Morawiecki muss klar sein, dass Europa hier keinen Zentimeter zurückweicht: Nicht die Europäische Union, sondern Polen hat sich in eine rechtsstaatliche Sackgasse manövriert. Die demonstrierenden Bürgerinnen und Bürger in Polens Straßen zeigen, wie besorgt sie darüber sind.
Aber auch die EU wirft in der Causa Polen Schatten: Die EU-Kommission bleibt bislang fahrlässig hinter ihren Möglichkeiten zurück – ein Unding für sie als Hüterin der Verträge. Ursula von der Leyen’s Dialog-Diplomatie mit der polnischen Regierung ist gescheitert, die Kosten sind hoch: nun steuern wir auf eine neue Ebene der Eskalierung zu, spätestens seit dem jüngsten Urteil des polnischen Verfassungsgerichts. Für die EU muss es jetzt heißen: Kurs nachschärfen, Rechtsstaatsmechanismus anwenden, Corona-Hilfen an staatliche Stellen zurückhalten und Strukturfonds einfrieren. „
Will Warschau dies verhindern, so muss es jetzt auf die EU zugehen und dafür sorgen, Polen umgehend und ohne jeden Zweifel auf den Pfad der Rechtsstaatlichkeit im verpflichtenden Sinne eines EU-Mitgliedslandes zurückzuführen.“