Laudatio Nicola Beer, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, zur Verleihung des Freiheitspreises 2022 an die Präsidentin der Slowakischen Republik, Zuzana Čaputová
Verehrte Frau Präsidentin Čaputová,
verehrte Frau Stadträtin Dr. Sterzel, liebe Renate,
Vertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit,
Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete aus den unterschiedlichen Parlamenten,
Damen und Herren Vertreter des Diplomatischen und Konsularischen Korps,
lieber Herr Honorarkonsul der Slowakei Donath,
meine sehr verehrten Damen und Herren:
Dass die historische Paulskirche der höchst passende Ort für die Verleihung des Freiheitspreises ist, hat Frau Dr. Sterzel bereits ausgeführt. Sie steht wie kein anderes Bauwerk in Deutschland für Freiheit und Demokratie. In einer Zeit, in der unsere liberale Gesellschaft von autoritären Regimen, von linken und rechten Populisten angegriffen wird, in dieser Zeit gewinnen Symbole von Freiheit und Demokratie an Bedeutung. Sie erinnern uns, dass es gerade diese Werte sind, die wir manchmal zu leichtfertig als Gottgegeben ansehen. Sie erinnern uns, dass diese Werte jeden Tag aufs Neue verteidigt und gefördert werden müssen.
Heute werden Freiheit und Demokratie eine gute Flugstunde von hier entfernt sogar mit militärischer Gewalt angegriffen. In einem Nachbarland der Slowakei, deren Staatsoberhaupt uns heute die Ehre gibt. Die Ukraine kämpft nicht nur für sich selbst, sondern für ganz Europa – für unsere Freiheit, Selbstbestimmung, Rechtsstaat und Demokratie. Auch deshalb ist es unsere demokratische Pflicht, die Ukraine zu unterstützen, wo, so viel und so schnell wir nur können.
Viele der Länder in Mittel- und Osteuropa, im Baltikum sind dabei überaus engagiert. Sie wissen aus historischer Erfahrung, was es bedeutet, in einer sozialistischen Diktatur zu leben. Die Menschen in diesen Staaten wissen, wie sich Unfreiheit anfühlt. Die Erinnerungen an Überwachung, Bespitzelung, an die zahllosen systematischen Versuche, Menschen zu brechen, an zerstörte Lebenschancen, an die 40-jährige Unrechts-Herrschaft der Sowjetunion sind im Gedächtnis vieler Familien noch sehr wach. Und die Folgen der Erfahrungen, die die Menschen zwischen 1945 und 1989 machen mussten, die sind noch lange nicht vergangen.
Haben wir das im Westen verstanden? Haben wir verstanden, warum die Mittel- und Osteuropäer sehr viel vehementer als wir Unterstützung für die Ukraine einfordern und vor allen Dingen dann auch liefern? Anders gefragt: Haben wir wirklich verstanden, worum es bei diesem Krieg tatsächlich geht?
Lange vor dem russischen Angriff haben unsere Nachbarn, von denen wir ehemals durch den Eisernen Vorhang getrennt waren, vor russischer Großmachtpolitik gewarnt. Mahnende Stimmen, wie auch Ihre, Frau Čaputová, wurden jedoch viel zu oft ignoriert. Kritik an den russischen Pipelines wurde mit wirtschaftlichen Scheinargumenten in den Wind geschlagen. Plumper Antiamerikanismus wurde bemüht. Bis heute.
Nicht nur von den Rändern links und rechts, auch aus beiden ehemals großen Volksparteien, quer durch die deutsche Gesellschaft. Der Umgang mit den Mahnern, das unausgesprochen Gönnerhafte: „Kommt Ihr doch erst mal richtig an in der neuen Ordnung“ – diese Haltung kommt uns jetzt teuer zu stehen. Sie hat unser Verhältnis zu manchen Staaten deutlich getrübt. Zumal Abbitten für Fehleinschätzungen und falsche Freundschaften trotz des Grauens des Krieges immer noch nach Lippenbekenntnissen klingen. Auch deshalb wird dieser Krieg nicht spurlos an der Statik, an dem Gefüge des Europäischen Hauses vorübergehen.
Wirtschaftlich haben die Mittel- und Osteuropäer dem Westen schon gezeigt, wie Wachstum geht: Es liegt in den Transformationsstaaten – nachhaltig und sehr deutlich über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Da mag der Basiseffekt eine Rolle spielen, aber nicht beim Außenhandel: Deutschlands stärkster Außenhandelspartner sind nicht die USA, ist nicht mehr Rot-China, das sind die vier Visegrád-Staaten. Mit mehr als einer Viertelbillion Euro und weiterem Potential nach oben.
Überhaupt Visegrád, das im Westen gelegentlich skeptisch beäugte halboffizielle Bündnis von Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn. Skeptisch beäugt, wie es seinem Pendant der BeNeLux-Kooperation im Westen selten geschieht. 1991 soll die Kooperation der Visegrád-Transformationsstaaten wegen der gemeinsamen Interessen an EU- und NATO-Mitgliedschaft begründet worden sein, meinen viele.
Weit gefehlt, meine Damen und Herren.
Im 14. Jahrhundert trafen sich mitteleuropäische Herrscher dort zum ersten Mal, 1335. Und vereinbarten enge politische Zusammenarbeit sowie Kooperation in Fragen des Handels. Damals schon. Wer auf die Burg in Visegrád klettert und den Blick über das Donauknie in die Slowakei schweifen lässt, der ahnt etwas von der Dimension dieser besonderen regionalen Zusammenarbeit. Seit Jahrhunderten. Der wundert sich nicht mehr über das Selbstverständnis der vier kooperierenden Staaten. Deren Potential innerhalb der Europäischen Union noch lange nicht ausgereizt ist.
Die Mitteleuropäer haben uns im Westen gezeigt, wie unbändig Freiheitsdrang sein kann:
Die Erinnerungen an die Volksaufstände der drangsalierten Menschen 1956 in Ungarn, den Prager Frühling 1968 in der damaligen Tschechoslowakei, angeführt übrigens von Alexander Dubcek, einem Slowaken, den Aufstand der Arbeiter 1981 ausgehend von der Leninwerft in Danzig, sind noch wach.
Diese Erinnerungen an den Geschmack der Freiheit sind auch nach Jahrzehnten lebendig. Wenn Sie leuchtende Augen sehen möchten, dann sprechen Sie die Menschen in den Ländern darauf an. Es hat ihnen Würde und Ehre erhalten, sich dem Besatzer nicht klaglos gefügt zu haben, sich aufzulehnen, Leib und Leben zu riskieren auf der Suche nach einem freien Leben.
Die Slowakei trägt derzeit die Visegrád-Präsidentschaft. Die Frage drängt sich auf, ob nach den Kämpfen um die Freiheit, nach dem wirtschaftlichen Erfolg nicht auch die politische Mächtigkeit dieser Staaten Europa stärker beeinflussen wird? Denn der Mut, der unbedingte Wille zur Freiheit der Menschen Ende der 80er Jahre in den Visegrádstaaten haben die friedlichen Revolutionen ermöglicht, die das gesamte Mittel- und Osteuropa ergriffen hat. Der Freiheitswille hat damals Europa bereits einmal verändert. Sehr gründlich verändert, fast geeint.
Der Europapolitikerin fallen mehrere Gründe ein, weswegen das politisch-gestaltende Potential seitdem nicht vollständig entwickelt und ausgespielt werden konnte. Einen hat der Chefredakteur der polnischen Gazeta Wyborsza, der Intellektuelle Adam Michnik, bereits vor zehn Jahren zur Debatte gestellt, durchaus mit dem Anspruch auf Gültigkeit in ganz Mittel- und Osteuropa:
Er warnte vor dem Entstehen defizitärer Demokratien und autoritärer Strukturen in den Transformationsstaaten, weil politische Akteure auf den untergegangenen Sozialismus fixiert seien, ihren Kampf gegen das Gespenst auch in den neuen Zeiten fortsetzten. „Bastarde des Kommunismus“ befürchtete er. Wie das? Was will Michnik damit sagen? Er selbst war schließlich antikommunistischer Dissident, höchst engagiert im Kampf gegen die Kraken des realen Sozialismus in der erstarrten Gesellschaft. Doch dabei, so Michnik, dürfe die Politik, dürften die Politiker nicht stehenbleiben. Sie dürften in ihrem Denken nicht beschränkt bleiben auf die Ablehnung, auf das Bekämpfen des Untergegangenen, auf das Verhindern des erneuten Erstarkens autoritärer und totalitärer Strukturen. Denn dann könnten sie sich ebenso entwickeln wie das, was sie bekämpften.
Auch bei strikter Ablehnung des Kollektiven, der Unterdrückung, des Unfreien müsse eine Perspektive für die Gesellschaft des Heute und des Morgen entwickelt werden. Und zwar mit demokratischen Regeln in einer demokratischen Gesellschaft.
Frau Čaputová schrieb uns Politikern vor wenigen Tagen im Europäischen Parlament noch mehr in das Stammbuch: Politik dürfe nicht nur technokratisch und blutleer betrieben werden; ihre Vertreter hätten sich um Lauterkeit und Wahrhaftigkeit zu bemühen, Vorbilder zu sein.
Wie Recht Sie haben, Frau Preisträgerin!
Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen, als sie sagten, Politiker hätten die Wahrheit zu sprechen und die Wahrheit zu verteidigen. Und selbstverständlich, um den ersten Preisträger dieses Freiheitspreises, den großen Hans-Dietrich Genscher, zu zitieren: „Die Welt des 21. Jahrhunderts wird nur dann ihre Stabilität bewahren können, wenn sie von der Stärke des Rechts und nicht vom Recht des Stärkeren bestimmt wird“.
Es ist daher unsere dringende Aufgabe, die rechtsstaatliche Ordnung zu stärken, entschieden gegen Korruption aufzutreten. Es liegt an uns, unsere Demokratie wehrhafter gegen Angriffe zu machen. Es liegt an uns, die europäischen Werte zu verteidigen – sowohl innerhalb unserer eigenen Grenzen, als auch nach außen.
Meine Damen und Herren, eine solche Verfechterin demokratisch freiheitlicher Werte und des Rechtsstaats ist heute unter uns. Seitdem wir von ihr gehört und gelesen haben, steht Frau Čaputová entschieden für Demokratie und Freiheit ein. Als Mahnerin des Rechtsstaats, als entschiedene Kämpferin gegen Korruption.
Ob lange Jahre als Rechtsanwältin und in der öffentlichen Debatte gegen klandestine Netzwerke, gegen Vetternwirtschaft,
gegen vulgäre ungerechtfertigte Bereicherung,
gegen Unregelmäßigkeiten in der Justiz bis hin zur Käuflichkeit richterlicher Entscheidungen:
Dieses Engagement gab ihr Rüstzeug und Rechtfertigung für ihren politischen Weg an die Spitze der Slowakischen Republik.
Und nach ihrer Wahl tat sie das, was Vertrauen in der Wählerschaft schafft und verfestigt: Nämlich genau das, was sie vor der Wahl ankündigte. Getreu dem Motto, dass die Aufgabe eines Staatsoberhauptes nicht darin besteht, populäre Themen wichtig zu nehmen, sondern wichtige Themen populär zu machen, hat sie der durchaus vorhandenen Sympathie für Putins Regime in Teilen der eigenen Bevölkerung mutig entgegengewirkt.
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine unterstützt die Slowakei ihren Nachbarn nicht nur militärisch gegen die Aggression Moskaus, sondern auch mit humanitären Mitteln.
Seit Beginn des Krieges hat das Land mit seinen gut fünf Millionen Einwohnern Hunderttausenden von Flüchtlingen seine Türen und Häuser geöffnet.
Das sind andere Größenordnungen als in Deutschland, wo Willkommenskultur in manchen Kreisen wohlfeil ist, solange sie bitteschön nicht das bequeme eigene Leben berührt oder gar beeinträchtigt.
Dass es in der Slowakei anders ist,
dass Kriegsflüchtlinge dort im täglichen Leben selbstverständlich sind,
das ist auch ein Verdienst von Frau Čaputová:
Ihre liberale, ihre humanitäre Haltung und ihr Widerstand gegen einwanderungsfeindliche Narrative sind bemerkenswert, insbesondere in einem Land, dessen Bürger Umfragen zufolge zu denjenigen in der EU gehören, die Flüchtlingen am kritischsten gegenüberstehen.
Präsidentin Čaputovás unerschütterlicher liberaler Kompass, mit dem sie ihr Land durch die durch den Krieg verursachten Krisen führt, haben ihr großen Respekt eingebracht. Dies gilt umso mehr, da diese Politik sie „einmal mehr“ zur Zielscheibe unsäglicher Angriffe ihrer politischen Gegner gemacht hat.
„Einmal mehr“, da persönliche Attacken gegen Präsidentin Čaputová nicht erst mit ihrer Haltung gegen den russischen Angriffskrieg begannen. Bevor sie zur Präsidentin gewählt wurde, wurde ihr Heimatland jahrelang von einer Führung regiert, die europäische Werte unterwandert, Europas Rolle in der Welt als Verfechter von Demokratie, Recht und Freiheit geschwächt hat.
Umso beachtlicher ist es, dass Sie, liebe Frau Čaputová, sich diesem Populismus entgegengestellt und ihm die Stirn geboten haben.
Dies war kein einfacher Weg. Bei Ihrer Wahl zur Präsidentin befand sich die Slowakei in Aufruhr: 2018 wurde das Land durch den Tod des Journalisten Jan Kuciak erschüttert, der über korrupte Verstrickungen höchster Regierungskreise berichtet hatte. Seine Ermordung und die seiner Verlobten Martina Kušnírová lösten in der Slowakei große Demonstrationen und den drängenden Wunsch nach Veränderung aus.
Frau Čaputová gehörte zu denen, die sich für diese Veränderung stark machten, die dem Wunsch nach Gerechtigkeit Ausdruck verliehen. Sie sagte der Korruption den Kampf an und versprach, Straftäter ohne Ausnahme zu verfolgen, erst Recht die vorher so beliebten Amnestien für politische und gleichzeitig kriminelle Weggefährten nicht zuzulassen. Mit ihrer Wahlkampagne setzte sie Zeichen für Hoffnung und Fortschritt statt Angst und Spaltung – etwas, das für die eher ruppige politische Kultur der Slowakei neu war.
Die Liste der Vorwürfe, der persönlichen Angriffe, der Verschwörungstheorien, die ihre Gegner in Umlauf brachten, ist ebenso lang wie unbegründet.
Doch keine Sorge, Frau Präsidentin: In Deutschland vertrauen wir einem habsburgischen Soldaten, der im 16. Jahrhundert das geflügelte Wort von „Viel Feind, viel Ehr“ prägte. Wenn Populisten eine Kandidatin mit unlauteren Mitteln angreifen, dann macht diese Kandidatin etwas richtig!
Lassen Sie mich auf eine weitere Eigenschaft der Preisträgerin hinweisen, die sie auszeichnet: Die Art und Weise, wie sie mit all diesen schmutzigen Angriffen umging. Sie erinnerte mich an die ehemalige First Lady Michelle Obama, die einmal sagte: „When they go low, we go high“. Sie haben sich, verehrte Frau Čaputová, niemals dazu hinreißen lassen, mit gleicher Münze heimzuzahlen mit persönlichen Angriffen auf politische Wettbewerber. Das ist eine seltene Verhaltensweise, aber sie wird bemerkt.
Von den Medien, vor allem aber von den Menschen. Dieser besondere Stil, dieses Markenzeichen von Ihnen schafft das wichtigste Kapital, von dem Politiker zehren: Vertrauen.
Nach ihrem Wahlsieg kommentierten einige, dass Zuzana Čaputová einer der wenigen demokratischen Sterne am Firmament der slowakischen Politik sei. Ich würde weitergehen. Ihr Wahlsieg war ein Signal und eine Ermutigung nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, für Liberale in der Slowakei, sondern in ganz Mittel- und Osteuropa. Die Botschaft ist klar: Populisten können abgewählt werden!
Bei Ihrer Amtseinführung sagten Sie, verehrte Frau Čaputová: „Ich biete meinen Sachverstand, meine Emotionen und meinen Aktivismus an. Ich biete meinen Verstand, mein Herz und meine Hände an“.
Dies waren keine leeren Worte, meine Damen und Herren. Frau Čaputová liegen die Menschen am Herzen – egal wie vermeintlich klein das Anliegen ist oder wie lange der Kampf dauern mag. Ihr Engagement für Gerechtigkeit und Fortschritt machte nicht Halt bei dem Lebensumfeld der Menschen, bei Umweltfragen. Sie engagierte sich lange Jahre für Bürgerrechte und eine offene Gesellschaft. Aktiv in die Politik ging sie 2017, als sie die neue liberale Partei Progressive Slowakei mitbegründete. Heute ist diese Partei ein verlässliches Mitglied der europäischen liberalen Familie und zeichnet sich, wie ihre Mitgründerin, durch ihr dezidiert pro europäisches Profil aus.
Wenig überraschend: Frau Čaputová ist auch eine Vorkämpferin für die Rechte von Frauen. Sie ist nicht nur die erste Präsidentin der Slowakei und damit ein Vorbild für andere Frauen in Europa. Das gibt es auch in anderen Staaten Mittel- und Osteuropas. Doch Frau Čaputová wirkt über die Grenzen Europas hinweg und setzt sich für Frauenrechte in der ganzen Welt ein. 2021 beispielsweise war sie Mitinitiatorin eines gemeinsamen Aufrufs führender Politikerinnen zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban.
Meine Damen und Herren,
in Zeiten wie diesen ist es von entscheidender Bedeutung, Menschen mit Herz und Verstand in Führungspositionen zu haben. Menschen, die sich durch einen klaren europäischen Kompass auszeichnen und nicht von ihren liberalen Werten abrücken, egal wie stark der Gegenwind ist.
Frau Čaputová verkörpert genau das.
Sie setzt sich ein für Rechtsstaatlichkeit, Bürgerrechte und den Schutz von Minderheiten.
Sie steht für eine nachhaltige, europäische Umweltpolitik.
Sie kämpft gegen Korruption und für Transparenz in der Gesellschaft.
Ihr entschiedenes Eintreten für eine wehrhafte Demokratie, die sich mit inneren wie äußeren Bedrohungen unerschrocken auseinandersetzt, verdient hohen Respekt.
Liebe Frau Čaputová,
es ist ein ermutigendes Signal für ein wertebasiertes Europa, in Zeiten wie diesen Sie als Staatsoberhaupt in Europa zu wissen.
Einen Wunsch möchte ich dennoch äußern, verehrte Preisträgerin:
Ergreifen Sie das Wort auch über Ihr Land hinaus, in Europa. In einem hat der deutsche Bundespräsident Recht:
In den vergangenen 30 Jahren sind neue Mauern entstanden.
Zwischen denen, die den langen Weg aus den sozialistischen Regimen in demokratische Gesellschaften, in eine völlig verschiedene Wirtschaftsordnung, in einen wehrhaften Rechtsstaat zu gehen hatten und den anderen, die dort schon waren. Ein Weg voller Anstrengungen, auch voller Entbehrungen, die uns im Westen nicht immer bewusst sind. Denn es gab in Mitteleuropa kein Westdeutschland, das nach der Wende die Transformation beim Aufbau von Verwaltung und Justiz und vor allem wirtschaftlich wesentlich erleichtern konnte. Es gibt sehr viel auszutauschen, und das ist in den letzten drei Jahrzehnten offenbar zu kurz gekommen
Bitte, verehrte Frau Präsidentin,
erheben Sie Ihre Stimme, schildern Sie uns das, was verschieden, was anders ist. Was die Menschen in Ihrem Land, in Ihrer Region, denken und was sie fühlen. Wo wir aus den alten Mitgliedstaaten der Europäischen Union besser zuhören, was wir besser machen können.
Lassen Sie mich nochmals Hans-Dietrich Genscher zitieren: Damit wir die Schuhe des anderen anziehen können, um ihn dann besser zu verstehen. Damit wir noch stärker zusammenwachsen in Europa, damit wir aus diesem Kontinent einen noch besseren Platz für die Menschen, die hier leben, machen können.
Sie haben kurz nach Ihrem Amtsantritt in Rom das Grab des slowakischen Nationalheiligen Kyrill besucht. Er stand mit seinem Wirken in einem Spannungsfeld zwischen griechisch-byzantinischer Tradition und römisch-deutschem Einfluss. Er hat als Brückenbauer das Beste daraus gemacht, mit Ergebnissen, die über Jahrhunderte hinweg bis heute spürbar sind.
Seien Sie bitte die Brückenbauerin zwischen den verschiedenen Europas: Dem Mittel-, dem Ost- und dem Westeuropa, wobei auch letzteres von Ihrer besonderen Persönlichkeit nur profitieren kann.
Sehr verehrte Damen und Herren,
Sie sind nunmehr eingeladen, Ihrer Exzellenz, Frau Präsidentin Zuzana Čaputová, mit einem kräftigen Applaus zu ihrem Engagement für die freiheitlichen und demokratischen Werte Europas zu danken!
Herzlichen Dank!